Warum eine Albe?

Ein Wort vorab

Zur freien Trauung allg.

  1. Freie Trauung, eine Alternative?
  2. Verwechslungsgefahr! Eine Hochzeit – Zwei Rollen
  3. Ablauf einer freien Trauung (allg.)
  4. Sitzordnung
  5. Technik
  6. Musiker, Playlist, oder selber singen?
  7. Deko, Traubogen, Blumen, usw.
  8. Mehrsprachigkeit
  9. Dauer einer freien Trauung
  10. Der Wert eines Trauredners
  11. Das bin ich: Euer Trauredner Eike
  12. Warum hast Du die Albe an?
  13. Was ich noch sagen will …

Die freie Trauung: Das Ritual

  1. Einzug: Eine Wissenschaft für sich
  2. Begrüßung/Eröffnung
  3. Trauansprache
  4. Die Trauung I: Das (Verbindungs-) Ritual
    Trauversprechen, Traufrage, Antwort & Bestätigung
  5. Die Trauung II: Bestätigungsrituale
    Brautkuss, Ringe, (Segen)
  6. Die Trauung III: Besondere Rituale
    Passendes & Unpassendes
  7. Abschluss: Ruhig oder Vollgas?
    Der Auszug
  8. Was ich noch sagen will …

Freie Trauung (auf Mallorca) feiern –
Warum hast Du eine Albe an?

Damals, als ich noch Prädikant (Aushilfspfarrer) in der badischen Landeskirche war, hat mir eines nie so richtig einleuchten wollen. Da stehen Sonntag um Sonntag in der ganzen Republik evangelische Pfarrer auf der Kanzel und tragen einen Talar. Das schwarze Ding mit weißem Beffchen. Vielleicht ist es Dir noch nie so bewusst aufgefallen, oder man wollte es einfach nicht wahrhaben, aber auch Richter tragen Talare. Und Anwälte.  Auch Professoren.

Der Talar (oder auch Robe) war ursprünglich die Kleidung der Akademiker. So lange ist das auch noch gar nicht her, als das „In“ war. heute ist das Tragen dieser Kleiderkombi sogar im StGB geklärt. Wenn Du kein Akademiker, oder Geistlicher, oder … dann darfst Du das unter Strafe auch nicht tragen.

Nun aber kommt der Clou an der Geschichte. Im Gerichtsaal finde ich es vielleicht ganz angenehm, dass ich weiß, dass alle um mich herum auch studiert sind. An der Uni sowieso. Aber wieso sollte das mich interessieren, wenn ich Sonntags in die Kirche gehe und meine Spiritualität leben möchte? Wieso steht ein Spiritueller Gemeindeleiter erhöht auf einer Kanzel und trägt seine Bildung zur Schau? Das hat mir nie eingeleuchtet.

Es gibt nichts spirituelleres als die Liebe, oder das Leben zu feiern

Für mich gibt es nichts spirituelleres als das Leben und vor allem die Liebe zu feiern. In der Essenz dürfte das wahrscheinlich auch die Kernaussage aller spiritueller Wege sein, denen man so auf Erden begegnen kann. Als Leiter eines spirituellen Festes ist es nicht nur sinnvoll, sondern auch liturgisch angebracht, seine Kleidung entsprechend zu wählen. Die spirituellen Kernaussagen spiegeln sich auch darin wieder. Man sieht: Hier geht es um was anderes. Um mehr. Es geht nicht um den Redner, es geht nicht nur um die Zeremonie. Der Freie Liturg steht nicht nur für sich – sondern eben auch für eine ganz besondere Aufgabe, die er ausfüllt. Einen Job, der weit über ihn hinauszeigt.

Die Albe

Zu meiner Zeit in der Kirche habe ich daher gerne zu meiner Albe gegriffen. War sogar kirchenrechtlich erlaubt und steht auch nicht im StGB. Die Albe ist das schlichteste liturgische Gewand und weist damit über den Träger hinaus, auf den Anlass hin, zu dem sie getragen wird. Sie ist sozusagen die Mutter aller Gewänder, die man so aus der Kirche kennt. Es erinnert nicht nur an das Taufkleid, sondern nimmt z.B. in der katholischen Kirche auch eine Sonderstellung ein. Auch Laien dürfen die Albe tragen. Daher tun das auch die Ministranten. Oder Lektoren. Oder Kommunionshelfer. In der evangelischen Kirche ist die Albe eigentlich das einzig wirklich liturgische Gewand, das erlaubt ist. Witzig, dass sie so wenig von den „Studierten“ getragen wird. Vielleicht sind deshalb die Kirchen so leer.

Ein gewollter Kontrast

Wie ihr in meinen anderen Artikeln ja schon gelesen habt, mache ich mich stark dafür, dass die „freie Trauung“ als neuste, modernste Form einer Trauung nicht inhaltsbefreit zum Opener der Hochzeits-Party wird. Eine Trauung ist mehr. Viel mehr. Und auch wenn sie nicht klerikal daher wummern soll (was ich gut verstehe), so kann man nicht wegdiskutieren, dass auch sie ein spirituelles Fest ist. Wieso sollte man sich denn auch sonst in einer ganz speziellen Zeremonie trauen?

Die Albe ist nicht nur ein Gewand, mit langer spiritueller Tradition, sie ist aufgrund ihrer Einfachheit und Schlichtheit auch der ideale Gegenpol zu Euch, dem festlich gekleideten Brautpaar. Darauf soll ja auch der Fokus der Trauung liegen: Auf Euch. Auf Eurem Leben. Auf Eurer Entscheidung. Auf Eurer Liebe.

Ich trage die Albe und die Albe trägt mich …

Für mich ist eine Freie Trauung neben einer Dienstleistung für Euch als Redner, auch ein Dienst am Leben und an und für die Liebe. Alles was wir da gemeinsam in dieser dreiviertel Stunde erleben, berührt. Hinterlässt Spuren, nicht nur in Eurem Herzen. Wir teilen ein Stück Leben. Ein ganz schön intensives Stück. Als Mensch formt der Trauredner mit seinem Charakter zwar die Qualität, die Energie und auch Euer Erleben dieses Festes, aber als Person selbst, darf der Trauredner nicht in den Mittelpunkt geraten. Es ist auch ein Dienst, den wir Trauredner da leisten. Ein Dienst der weit über uns hinauszeigt. Das sollte auch die Kleidung symbolisieren.

Ab und zu frotzel ich auch gerne, und behaupte: Die Albe ist immerhin auch das einzige legitime Gewandt, unter dem ich auch ne Badehose bei der Trauung tragen könnte. Auf Mallorca ist das ein gar nicht so abwegiges Argument, was ihr sicherlich schnell versteht, wenn ihr im Sommer hier heiratet. Klar, mache ich nicht. Aber möglich wäre es.

Und nein, ein Anzug ist keine Alternative. Mit einem Anzug bin ich zwar festlich gekleidet, aber nichts von der Tiefe, der Aussage und der Kraft dieser lebendigen Spiritualität des Festes spiegelt sich dann in meiner Kleidung wieder. Dann sehe ich aus wie Trauzeuge Klaus. Oder Onkel Dieter. Kein Unterschied. Dann sehe ich halt aus wie ein Redner, der redet. Das ist mir zu wenig.

Früher habe ich meine Paare gefragt, wie sie mich denn gerne gekleidet sehen wollen, an ihrer Trauung. Das habe ich aber vor langer, langer Zeit aufgegeben. Ich trage Albe – aus den oben genannten Gründen. Und dafür stehe ich auch. Ich kann verstehen, wenn einem das „too much“ sein sollte, wenn man lieber leicht und auf die Party fokussiert sich schnell das „Ja-Wort“ zuwerfen will, aber das bin ich nicht. Und zum Glück, muss ich das auch nicht sein.

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Der indische/persische Sherwani

Ja, das ist eine alternative für mich. Tatsächlich. Auch wenn ich meinen, von einem Inder maßgeschneiderten Sherwani nur selten trage. Es ist ein schweres Kleidungsstück. Mit Brokat und Glitzerkram besetzt, mit Innenfutter – in einem Satz: Scheiß heiß. Wenn die Außentemperaturen es ab Oktober zulassen UND wenn die Trauung entsprechend dazu passt, dann kommt er manchmal zum Einsatz.

Der Sherwani ist mein Kompromiss, wenn eine Trauung viele multikulturelle Gäste erwartet, wenn auch die Trauung sich ein bisschen mehr an eine glamouröse Hochzeit angleichen soll, oder wenn mir einfach danach ist.

Der Sherwani ist nicht schlicht. Ganz und gar nicht. Er ist optisch gesehen, genau das Gegenteil einer Albe. Es ist ein prunkvolles Kleidungsstück, dass vor allem bei nordindischen und Punjabi-Hochzeiten berühmt geworden ist. Er vereint den indischen Modestil mit dem westlichen. Der Sherwani bringt aber auch noch weitere Attribute mit auf die Bühne. Er steht für Würde, für Etikette und Stil. Ich gebe zu, er steht manchmal auch ein bisschen in Konkurrenz zu Euch als Brautpaar. Aber eines macht er genauso gut wie die Albe: Er weist weit über den Träger hinaus, auf den Anlass der Zeremonie.